Gerade junge Arbeitnehmer wechseln schneller und häufiger den Arbeitsplatz. Flexibilität ist dabei nur ein Stichwort, welches zu nennen ist. Doch die Übergänge von einem Unternehmen zum anderen verlaufen nicht immer reibungslos. Es ist sogar so, dass etwa die Hälfte aller Mitarbeiter in leitenden Positionen innerhalb von 18 Monaten scheitert. In den unteren Ebenen verlassen die Hälfte aller Beschäftigten sogar innerhalb der ersten 120 Tage das neue Unternehmen. Die Folge sind ein weiterer Jobwechsel und eine weitere Einarbeitung in ein neues Unternehmen.
Mitarbeiter benötigen in der Regel 90 Tage, um sich in ein Team einzuarbeiten, sich als Teil der Organisation zu fühlen und schneller produktiver zu werden. Beim traditionellen Onboarding-Prozess handelt es sich oft um eine Einbahnstraße, die darauf abzielt, den neuen Mitarbeitern die Abläufe im Unternehmen zu erklären. Dies ist zwar ein wichtiger Teil des Onboardings, sollte aber nicht der einzige Aspekt sein. Gutes Onboarding muss sich auf den Einzelnen konzentrieren und nicht nur auf das Unternehmen.
Das Ergebnis eines abgerundeten Onboarding-Programms? Höhere Arbeitszufriedenheit, organisatorisches Engagement, Leistungs- und Karriereeffektivität sowie weniger Personalwechsel und Stress. Untersuchungen haben gezeigt, dass der Erfolg eines neuen Mitarbeiters in den ersten zwei Wochen festgelegt wird. Daher ist es wichtig, schon den allerersten Tag zu einem besonderen Erlebnis zu machen. Vereinfacht gesagt, sind Organisationen, die proaktives Onboarding betreiben, effektiver als diejenigen, die dies nicht tun.
Im englischen Sprachraum betrachtet man den ELTV (employee lifetime value), was übersetzt ungefähr der Wert eines Mitarbeiterlebens ist. (Ich weiß, das klingt auf Deutsch etwas makaber, daher bleiben wir beim englischen Begriff). Es geht darum, den Wert des einzelnen Angestellten für das Unternehmen zu erkennen. Nach der ELTV-Philosophie kann ein richtiges Onboarding dabei helfen, den Wert des neuen Mitarbeiters im Unternehmen zu steigern. Leistung, Produktivität und Beschäftigungsdauer im Unternehmen erhöhen sich. Dennoch investieren nur 20 % der Unternehmen in einen geregelten Onboarding-Prozess. Doch das muss nicht sein.
Hier sind 3 Tipps für Dich, um eine mitarbeiterorientierte Onboarding-Erfahrung in Deinem Unternehmen zu schaffen.
Die meisten Einarbeitungsprogramme zielen darauf ab, neuen Mitarbeitern das Unternehmen zu zeigen und sie auf den neuesten Stand zu bringen. Dazu gehören oft die Ziele des Unternehmens, sowie die Geschichte und Werte. Laut Umfragen ist vom neuen Mitarbeiter jedoch fast nie die Rede. Doch um den soll es ja schließlich gehen.
Untersuchungen von Francesca Gino an der Harvard Business School und Kollegen zeigen, dass ein mitarbeiterorientiertes Onboarding, zu einer höheren Mitarbeiterbindung und Kundenzufriedenheit führt. Francesca Gino und Kollegen erklären, dass „Mitarbeiter, die ein Onboarding erhalten, welches die individuelle Identität betont, 32 % weniger wahrscheinlich kündigen.“ Dazu gehören alle möglichen Elemente: Von Namensschild und personalisierten Begrüßungsgeschenken bis hin zu Teambuildingmaßnahmen, die den neuen Mitarbeiter in den Vordergrund stellen.
Das Onboarding ist auch die Zeit für Chefs, um die richtigen Beziehungen zu ihren neuen Mitarbeitern aufzubauen. Um sich kennenzulernen, ist an der Zeit, neugierig zu sein und sich persönlich und beruflich über das neue Teammitglied zu informieren.
"Was sind die Stärken der neuen Teammitglieder? Wie möchten sie Feedback bekommen? Wie möchten sie im Unternehmen gesehen werden? Was motiviert sie, jeden Tag zur Arbeit zu kommen? Welche Fähigkeiten möchten sie lernen, um in ihrer Rolle und darüber hinaus zu wachsen und sich zu entwickeln?"
Onboarding, welches sich auf den Mitarbeiter konzentriert, führt zu effektiveren Jobwechseln – Kümmer Dich also am ersten Tag intensiv um deine neue Einstellung.
Über die rein inhaltlichen Aspekte hinaus, ist Onboarding eine Möglichkeit für neue Mitarbeiter, soziale Beziehungen aufzubauen. Enge soziale Verbindungen bieten einen enormen Vorteil, wenn es darum geht, dass Mitarbeiter lange im Unternehmen bleiben. Denn wer in einem starken sozialen Netzwerk gebunden ist, hat nur eine sehr geringe Bereitschaft das Unternehmen zu verlassen. Auch über die Einarbeitungszeit hinaus sind Betriebsfeiern oder ein Buddy-System sehr hilfreich.
Doch der Punkt über die sozialen Bindungen geht sogar noch über das Team im Büro hinaus. Auch der Wohnort des Mitarbeiters spielt hier eine Rolle. Wenn Du die Möglichkeit hast, Deinen neuen Mitarbeitern und ihren Familien dabei zu helfen, starke soziale Bindungen zu ihrer lokalen Community aufzubauen, solltest Du auch das tun. Das gilt insbesondere für Mitarbeiter, die aufgrund des Jobs in Deine Stadt gezogen sind.
Lernen und die persönliche Entwicklung spielen eine wichtige Rolle bei der Einstellung und Bindung von Mitarbeitern. Eine Studie von Price Waterhouse Coopers ergab, dass Millennials das Lernen und die eigene Entwicklung als den wichtigsten Nutzen einschätzen, den ein Arbeitgeber ihnen bieten kann. Dieser Punkt wurde sogar noch vor Flexibilität am Arbeitsplatz und finanziellen Gründen genannt.
Ein gutes Onboarding bietet die Chance, alle erforderlichen Schulungen durchzuführen, um Wissenslücken Deines neuen Mitarbeiters zu schließen. Denn es kann zum Beispiel sein, dass Du nicht den Mitarbeiter gefunden hast, der alle Fähigkeiten mit sich bringt, die Du wolltest. Der Onboarding-Prozess kann daher ein guter Zeitpunkt sein, um ein Schlüsselqualifikationstraining durchzuführen. Das kann beispielsweise eine zusätzliche Programmiersprache sein, oder der Umgang mit einer Software, die in Deinem Unternehmen genutzt wird.
Darüber hinaus solltest Du für eine langfristige Bindung auch Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten, damit deine Mitarbeiter stets erkennen, dass sie sich bei Dir im Unternehmen weiterentwickeln können. Es muss auch nicht immer ein externer Lehrgang sein. Manchmal reichen dafür schon einfache Webinare oder andere Möglichkeiten des eLearnings.
Dein Onboarding-Prozess eine Gelegenheit, um einen ersten Eindruck zu gewinnen, sowohl für Dich als Arbeitgeber, als auch für Deine neuen Mitarbeiter. Die Sicherstellung einer mitarbeiterorientierten Einarbeitung beweist, dass Du dich vom ersten Tag an um das Wohlbefinden und die Entwicklung Deiner Mitarbeiter kümmerst. Das sorgt für Zufriedenheit, Produktivität und eine lange Verweildauer in Deinem Unternehmen.
Liebe Grüße
Lars